Mittwoch, 27. August 2008

Alausi

In der "Residencia Alausi" wache ich in einem zwar schon gründlich heruntergewohnten, aber geräumigen Zimmer mit drei Doppelbetten, Fernseher und Vorhängeschloss vor der approximativ eingepassten Tür auf. Hier im Erdgeschoss neben der Rezeption bekomme ich genau mit, wer ein und aus geht, was die Zimmernachbarn herumzualbern haben, und wann über mir der Boden geschrubbt wird. Aus der Residencia heraus komme ich nur, wenn mir eine der vielzähligen Angestellten die schmiedeiserne Eingangstür aufschließt.

Beim Frühstück sehe ich meine These bestätigt, dass in Ecuador "Cafe con leche" (Milchkaffee) heiße Milch ist, in die al Gusto löslicher Kaffee aus einer Dose gerührt wird. Es gibt auch die Variante, in der das Pulver durch ein paar Tropfen Mocca ersetzt wird. Mein Reiseführer aus der Reihe "Reise Know-How" führt unter "Alausi" keine einzige Sehenswürdigkeit auf. Daher muss ich die Attraktionen selbst finden: Über das Städtchen wacht eine mindestens zwanzig Meter hohe, surreal anmutende, mit Kreuz und Bibel ausgestattete, Petrus-Statue. In dem augenscheinlich touristenfreien Ort sieht man Menschen in bunten Traditionsgewändern um die Schultern, Kinder in Schuluniform und kleine Jungs, die mit Fahrrad und gelbumsäumten roten Umhängen Torrero spielen. Außerdem besitzt Alausi eine moderne Feuerwehr ("Cuerpo de bomberos") mit roten Autos der Marke Toyota. Auf der Straße isst man Pommes, Fleischspieße und Riesenbananen vom Grill. Eine Variante die mir neu ist, denn der ecuadorianischen Exportschlager war mir bisher nur als rohe Frucht, Trockenobst, Hauptgerichtsbeilage, Dessert, Saft, Eis und Kucheningredenz begegnet.

Weiter zu berichten ist, dass sich die Kartoffelsuppe beim Mittagessen um einen fleischigen Rinderknochen von dem Dutzend anderer Kartoffelsuppen abhebt, die ich in Ecuador bereits probiert habe. In einem Internetcafe sind alle Tasten des Keyboards außer den Buchstaben falsch belegt. Nicht weit daneben hält der touristisch relevante Zug hoch auf die sogenannte "Nariz del Diablo" (Teufelsnase), allerdings nicht an den Tagen, an denen ich hier bin. In dem Lokal, wo ich zu Abend esse, hängt ein merkwürdiges Bild an der Wand: Hunde spielen Billard. Auf einem anderen ist ein Berg zu sehen, der dem Chimborazo ziemlich ähnelt. Im Vordergrund ein alpines Bauerndorf. Ein Tennismatch im Fernsehen beschließt den Tag.