Dienstag, 2. September 2008

A Banos

Beim Frühstück erfahre ich, dass mir gestern abend, während des Blog-Schreibens, ein Festmahl entgangen ist: Riesenmeerschwein, wie Spanferkel am Stück aufgetischt und in Scheiben geschnitten. Jemand aus der israelischen Reisegruppe (die ich bisher nicht erwähnt hatte) muss Geburtstag gehabt haben. Sehr religiös scheinen die nicht unterwegs zu sein.

Ich stelle mich an die Panamericana, um einen Bus nach Banos anzuhalten. Eine Praxis, die ich auf der Herfahrt beobachtet hatte. Ich hebe den Daumen. Nachdem einige Busse vorbeigerauscht sind, erklärt mir ein auf Touristen aus Quito wartender Fahrer, was Daumen heben in Ecuador bedeutet: "gratis". Dabei würde ich die paar Dollars für den Bus anstandslos zahlen. Ich winke mit dem Unterarm, wie der Fahrer es mir vormacht. Es vergeht eine Stunde, die Busse sind zu voll. Dabei würden die Fahrer den Preis bar kassieren und wahrscheinlich in die eigene Tasche wirtschaften. Ich mache mit einem anderen hinzukommenden Fahrer aus, dass er mich in einer halben Stunde für zehn Dollar zum Busbahnhof nach Latatunga bringen darf, wenn ich bis dahin noch immer hier herumstünde. Zwei Minuten vor Ende der Frist hält von selbst ein Bus.

Ich bin dankbar für den Stehplatz neben einem Sack Reis, einem Karton Blätterteigtaschen und einer jungen Frau, die ihren Säugling an die Brust drückt. Aus dem Radio klingt eine herzerreißende Männerstimme: "Estoy Cruzificado", "ich bin krutzifiziert", oder so. In Latatunga erfahre ich, dass man nur über die Industriestadt Ambato nach Banos kommt. Auf der Fahrt sind vier längliche Cuys (Meerschweinchen) an der Straße zu sehen, die am Spieß um einen Grill gedreht werden. Köpfe und Pfötchen noch gut zu erkennen. Vom Terminal Terrestre (Busbahnhof) in Ambato fährt kein Bus nach Banos, wie mir der Typ am Schalter erklärt; ich habe ihn beim Studium eines Pornohefts gestört. Ein Paar begegnet mir, es will erfahren haben, dass es für Banos einen eigenen Bahnhof gibt. Die beiden waren gestern auch am Cotopaxi. Das Mädel kam mir bereits dort bekannt vor. Ich habe keine Ahnung, woher. Die beiden sind aus München. Hm. Wir teilen uns ein Taxi.

Nach Banos geht es vorbei an kitschigen Marienkapellen, sattgrünen Felsenschluchten -- immer wieder von Furchen durchzogen, die Lava in den Boden gegraben hat.

Banos ist ein quirliger Marienwallfahrts- und Heilquellenort, eng umschlungen von nebelverhüllten Bergen. Überall Internetcafes, Läden mit Original Inka-Umhängen, Herbergen ("Hotel Düsseldorf", "Hotel Bar Restaurant Les Alpes"), bunte Bretterstände, improvisierte Reisebüros und Cuy-Grillbuden. Kurz gesagt: der ideale Ort für das Kommende. Eigentlich wollte ich bei dem Couchsurfer Daniel unterkommen, aber er mochte mir weder seine Telefonnummer verraten, noch, wann ich kommen könne. Außerdem scheint mir seine Adresse unvollständig zu sein. So checke ich erstmal im "Hostal Santa Cruz" ein.

Gegen drei geht`s zum Mittagessen in einen Einheimischen-Schuppen. Die resolute Wirtin rattert Hauptgerichte und Beilagen herunter. Kein Wort verstehend sage ich hin und wieder "Si". Während ich aufs Essen warte, läuft im TV eine Kindersendung. Es moderiert ein Typ, der aussieht wie ein rothaariger Marilyn Manson in Star Wars-Uniform mit Pfauenfedern auf dem Rücken. Als die Wirtin eine halbe Stunde später, mich geflissentlich ignorierend, selbst zu essen beginnt, frage ich doch mal nach dem Verbleib meiner Mahlzeit nach. Sie behauptet, ich hätte nur den Fruchtsaft bestellt, den ich trinken würde. Ich fange laut zu streiten an. Was jedoch an der Sprache scheitert. Woanders gibt es Loma, d.h. Lendensteak, mit Fritten und Kichernerbsensalat. Auf dem Rückweg klappere ich alle vier Fotogeschäfte der Stadt ab, aber keines hat das richtige Papier, um Filme von Kodak-Wegwerfkameras zu entwickeln.

Über den Abend gibt es folgendes zu berichten: sehe Panflötencombo in der Pizzeria "Bon Giorno". Probiere an einem Straßenstand grüne Streifen, erinnern in Geschmack und Konsistenz an Calamares. Bekomme zu vegetarischen Tacos ein Körbchen Popcorn serviert. Währenddessen läuft ein Konfektverkäufer durch das Restaurant, und die Inka-Combo aus der Pizzeria spielt auf. Im Refrain des ersten Liedes kommt "Ecuador" vor, der des Zweiten lautet schlicht "Ho!". Sehr stimmungsvoll. Danach ziehe ich noch etwas um die Häuser. Schon um 10h wird getanzt. In dem ersten Laden, den ich betrete, bin ich der einzige Gringo und hebe das Durchschnittsalter mit meinem Erscheinen um mindestens ein Jahr. Später wird es nicht besser.



Vulkanspuren.


Andenhotel I.


Andenhotel II.